Haben

Collage mit Sachsenwald und DAX

Es hat immer mit einem Gedanken angefangen. Ich mag einen Gedanken gehabt haben. So wie andere ein Haus haben, etwas besitzen, um daraus etwas zu machen. Wer hat, dem wird gegeben (Matthäus 25,29). Von den dir anvertrauten Talenten, sofern du welche hast, solltest du etwas machen, sagt die Schrift, nach wiederholten Übersetzungen sinngemäß. Vielleicht hast du noch eine Bibel zuhause und kannst die Stelle nachblättern.

Ein Haus oder auch mehrere, ein Auto oder auch zwei. Früher hätten wir Pferde gehabt und hätten wir zu den Notablen oder etwas später in der Geschichte – im historischen Zeitablauf – zum Stande der Bauern gehört, dann auch eine Kutsche. Aus den Kutschen, frühe Fahrzeuge ohne einen eigenen Antrieb, sind inzwischen Kraftfahrzeuge geworden, Autos. Jede/r hat eins. Normal. Noch werden sie größtenteils mit fossilen Brennstoffen betrieben, das heißt, die Energie, die sie benötigen, wird aus dem Prozess der Verbrennung eines Treibstoffes gewonnen, den wir Benzin oder Diesel nennen und der nichts anderes ist als eine Zustandsform organischer Masse als wie wir sie auch in lebenden Pflanzen vorfinden. Hauptsache verbrennen. Solange wir Öl haben, stellen wir Benzin daraus her und solange noch Wälder wachsen machen wir Brennholz daraus. Wer mehr Wald hat, kann mehr verbrennen und wer Geld hat kann sich Wärme leisten. Wir handeln mit Rohstoffen. Dabei werden manche reicher.

Als noch Pferde für uns arbeiteten, mussten sie gefüttert werden und nachdem sie ihr Futter verdaut hatten, ließen sie ihren Kot irgendwo fallen. Irgendwann überstieg der Kot, den die Pferde in Städten hinterließen, das Maß des Erträglichen. Mit der Straßenreinigung kam niemand mehr nach und die Pferdebesitzer wollten den zurückgelassenen Dreck nicht selbstverantwortlich entfernen. Daran hat sich bis heute tatsächlich nicht wirklich etwas geändert. Die einen machen den Dreck und die anderen dürfen ihn anschließend wieder wegräumen. Wer hat, der überlässt es gerne den anderen, denen, die gerade nicht ganz so viel haben oder angewiesen sind auf das, was die Ersteren nicht mehr zu gebrauchen wissen und aus dem sich doch noch ein Nutzen herausschlagen lässt, den Mist und das Wegräumen. Daraus hervorgehen konnte unter vielen anderen Dingen auch die Müllabfuhr. In Westeuropa bezahlen wir dafür. Andernorts kann es sein, dass die Müllsammler den Abfall verwerten und daraus wiederum einen Erlös erwirtschaften.

Heute wird es als eine Selbstverständlichkeit betrachtet, dass, wer Besitzer eines Autos ist, dieses auf öffentlichem Gelände abstellen darf. Das Auto frisst bekanntlich, solange der Motor nicht arbeitet, nichts, verdaut nicht und scheidet auch nichts aus, was Ärger erregen könnte. Das parkende Auto steht einfach nur in der Gegend herum, erhitzt sich in der Sonne oder leitet den Regen ab, der andernfalls auf den Grund gefallen wäre. Die Zahl der Pkw in Deutschland wächst seit Jahren langsam, aber stetig. Für 2024 gehen wir davon aus, dass über 49 Millionen Autos zugelassen waren. Damit ließe sich die landwirtschaftliche Nutzfläche des Saarlandes in etwa mit Autos vollstellen. Im Schnitt sind die Autos in Deutschland 10,3 Jahre alt, konnte ich durch den ADAC erfahren und seit 2010 ist der Altersschnitt der Autos damit um mehr als zwei Jahre gestiegen. Die Nachfrage nach Autos fällt. Die Hersteller bedauern das. Aber es sind schon so viele, dass sie sich zu bestimmten Uhrzeiten stauen. Da fragt sich dann doch einer oder eine, was sie denn davon hat, ein Auto zu haben. Der Sinn besteht ja nicht darin, im Verkehr festzustecken, sondern sich fortzubewegen.

Wenn es nach mir ginge, dann dürften die Eigentümer ihre Autos nicht mehr gratis auf öffentlichem Gelände abstellen. Wer ein Auto haben möchte, sollte das entweder auf seinem eigenen Grund und Boden parken oder aber einen Beitrag an die Gemeinschaft entrichten, der ansonsten die zur Verfügung stehende Fläche durch die Erschließung für das Auto verlorengeht. Wer nichts hat, der müsste dann mieten.

Sofern ich kein Haus habe aber gerne wohnen möchte, muss ich mir den Wohnraum mieten. Das Hotel ist vergleichsweise komfortabel, wo ich mir das Bett machen lasse und mir der Kühlschrank nachgefüllt wird, wo ich ein Frühstücksbuffet geboten bekomme und die Bar mich willkommen heißt. Günstiger ist die unmöblierte Wohnung auf dem Lande, wo sich weder eine Netzverbindung finden lässt noch ein Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr besteht. Ohne Eigentum in Form einer Immobilie habe ich in der Stadt mit einem Quadratmeterpreis von €10,- pro Monat zu rechnen, sofern ich keine hohen Ansprüche habe. Nach oben kennt die Miete keine Grenze, nur Versprechen und Opportunitäten. Wer auf Miete verzichten möchte, dem sei der Kauf einer Immobilie angeraten. Aber, wenn du kaufen willst, dann musst du haben: Einen guten Job, Sicherheiten, Bürgen oder Besitz. Wer nichts hat, der muss sich zufriedengeben, mit dem was er oder sie bekommen kann, kann pachten oder mieten, sich etwas leihen oder muss sich das erforderliche Kapital erst noch verdienen.  

Vielleicht hast du Glück und du bekommst ein Stückchen Wald geschenkt oder ein Grundstück vererbt. Dann kannst du es verpachten oder vermieten und aus dem Besitz einen geldwerten Vorteil herausschlagen. Wer hat, dem wird gegeben. In Artikel 14 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland heißt es: „das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.“

Es kann also auch genommen werden. Das Eigentum. Wenn es der Allgemeinheit dienen soll. Aber bis das festgestellt wird, zieht der Besitzer/ die Besitzerin den Nutzen aus der Sachherrschaft. Bis zum Widerspruch vonseiten irgendeiner Partei, die einen Anspruch vor dem Gericht geltend macht. Dahinter verbergen sich lange Prozesse und Verhandlungen. Wir stehen damit mit einem Fuß in der Legislative (der Bundestag ist ein Stück gelebte Politik), mit dem anderen aber schon in der Jurisdiktion. Rechtsprechen ist ein lukratives Geschäft. Notare, Juristinnen, Advokatinnen und Richter sind hochangesehene Berufe, die allerhand Qualifikationen vorzuweisen haben, dann aber ihre Dienstleistung in Rechnung stellen und ansehnliche Honorare kassieren. Wem es dann noch gelingt sich einen wohlhabenden Kundenstamm zu sichern, der ist in der Regel fein raus und lebt nur noch aus irgendeiner Überzeugung zur Miete, ist Sozialist oder Kollektivist und verweigert sich dem Eigentum, der natürlichen Akkumulation des Kapitals und dem verdienten Wohlstand.  

Zu wessen Nutzen behandeln wir das Eigentum? Das Eigentum, das sich in einer geringen Anzahl von Händen immer weiter vermehrt, während die Masse der Menschen sich um ihre Altersvorsoge Sorgen machen wird. Nicht, weil irgendwer von uns vor Krankheit und Alter verschont bliebe oder die Vorsorge ausreichen dürfte, um uns bis zum Tod vor Leid zu bewahren. Aber, weil wir nicht über ausreichend Ressourcen verfügen, auf der Habenseite einfach nicht die Werte verbuchen konnten, die uns sorgenlos vom Ruhestand bis in das Grab begleiten könnten. Krankheit kann jeden ereilen und doch ist die durchschnittliche Lebenserwartung der Wohlhabenden im globalen Vergleich verschiedener Volkswirtschaften aber auch innerhalb eines gegebenen Volkes immer höher als die der Armen Bevölkerungsschichten. Hast du Land, hast du Stellfläche, hast du Nahrung und Brennmaterial, hast du Geld und Sicherheiten, eine höhere Lebenserwartung und eine größere Bereitschaft Pläne zu schmieden, dir Hoffnungen zu machen, Urlaub zu planen, zu vereisen und aus Essen zu gehen. Das Leben ist in der Regel bunter und vielseitiger mit Geld als ohne. Und wir denken nun nicht gleich an einen eigenen Flugzeuglandeplatz, eine Hochseejacht, eine Villa auf irgendeiner sonnenreichen Insel mit eigenem Badestrand. Vor Melancholie und Depression bleiben auch die Reichen nicht verschont. Geschwüre und Krankheiten, Verletzungen und Betrug kommen auch in der besten Gesellschaft vor. Aber die Behandlung ist leichter zu haben und die Dienstleister, Berater*innen, das Pflegepersonal, die Gehilfen und Botinnen stehen abrufbereit und übernehmen Aufgaben, die sonst liegenbleiben oder die Herrschaften belasten würden.

Wer hat kann Rücklagen bilden. Sparen und investieren. Bewahren und konservieren, statt aufzuessen, zu zerstören, wie Holz ins Feuer werfen und Geld aus dem Fenster. Besser in Wertpapiere anlegen oder in Projekte investieren, die dann versprechen eine noch höhere Rendite abzuwerfen. Wenn aber schon große Unternehmen heute keine Bereitschaft zeigen, Vorsorge zu treffen für die Zukunft, wie sollte es dann mir gelingen, der weder Boden noch Haus als Eigentum vorzuweisen hat? Ganz egal welche Zinsen man mir verspräche, wo ich schon keinen Überschuss zu verzeichnen habe, der sich mir als Anlage böte, da lasse ich mich auch mit keiner Rente locken. Zum Glück lebe ich nicht auf der Straße.

Aber wessen Geschichte erzähle ich? Ist dein Einkommen ein Auskommen oder liegt es darüber? Hast du Verpflichtungen, Verwandtschaft, leidest du unter Verfolgung oder belastet dich eine Verfügung, ein dingliches Recht zugunsten eines anderen, die Bestellung einer Grundschuld, die Gefahr einer Vollstreckung? Hast du spekuliert und versagt? Hast du andere missbraucht, betrogen oder überlistet? Und nun hast du doch verloren?

Kommst du aus der Klasse der Besitzenden, der Eigentümer, der Erben, der Rentier oder bist du vielmehr einer derjenigen, die es bislang geschafft haben, ohne Alles zu bestehen, sich durchzumogeln, zu überleben, dabei zu sein?  Hast du deine Besitztümer übertragen an ärmere, hast du die Gelegenheit genutzt und anderen geholfen, ihnen dein Eigentum überlassen, die Verfügungsgewalt gegeben? Aus Angst vor dem Verlust oder der Anfeindung, aus Sorge vor Neid und dem Übergriff, hast du Abstand genommen und auf dein Vermögen verzichtet. Oder wurde es dir gestohlen?

Du hast Steuern entrichtet, Gebühren bezahlt und Abgaben geleistet, aus voller Überzeugung, regelmäßig und gerne, weil du dir deiner Verantwortung gegenüber den anderen, die weniger erfolgreich Entscheidungen getroffen haben, immer bewusst gewesen bist. Du glaubst an den Sozialstaat oder vertraust auf eine Solidargemeinschaft, wobei die einen, die mehr in der Lage sind zu leisten, weil sie kräftiger, schlauer und gesünder sind als die anderen einen Teil dessen, was sie erwirtschaftet haben, abgeben zum Wohle der Schwächeren. Ein menschenrechtsbasiertes Verständnis von Gesellschaft und Zusammenleben. Wo es nicht darauf ankommt, mehr zu haben als die anderen oder es besser zu haben, sondern darauf, dass alle teilhaben an der Wohlfahrt, am guten Leben. Wohlstand gibt es nur dort, wo geteilt wird und niemand unermesslich viel mehr hat als andere. Je weiter die Enden auseinanderfallen, desto unglücklicher sind die Menschen, desto weniger vertrauen sie einander, desto weniger herrscht Respekt voreinander und der Neid nimmt zu.

Das wurde zwar wissenschaftlich nachgewiesen, aber das Interesse an dem Wissen scheint weniger groß zu sein als das Bedürfnis einer Horde von Testosteron gesteuerten vornehmlich männlich gelesener Wesen, die sich gerade wieder darauf geeinigt haben, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Sie wollen am liebsten alles haben, aber vor allen Dingen Macht und um die an sich zu reißen, bedienen sie sich der altbekannten und von Machiavelli in seiner Schrift der Fürst zusammengetragenen Strategien bzw. politischen Prinzipien. Die Kunst besteht vor allen Dingen darin, die anderen sich gegenseitig zerfleischen zu lassen. Das ist es, worauf sich in Europa eine Gruppe politischer Akteure, die wir zu der neuen Rechten zählen können, spezialisiert haben. Hetze orchestrieren, Schuldige benennen, falsche Nachrichten gezielt platzieren und zusehen was sich daraus ergibt, im Auftrag einer kleinen Riege von Besitzenden, standesbewussten Herrschaften, teils geadelt und millionenschwer, aber unsichtbar im Hintergrund sich haltend.  

Einer feministischen Außenpolitik begegnen sie mit einer verbitterten Debatte um Gendersternchen, als drohe der Untergang des Abendlandes. Dem Kampf um die Rechte einer Hälfte der Menschheit, seien sie weiblich gelesen oder non-binär halten sie die Freiheit von Gesellschaften entgegen, doch traditionelles Recht nicht in Frage stellen zu müssen und doch bitte schön den männlich dominierten orthodoxen Kirchen von Ost bis West zu huldigen. Wo gleicher Lohn für gleiche Arbeit noch nicht einmal in einer aufgeklärten Volkswirtschaft wie der Bundesrepublik Deutschland angekommen ist und bis heute die Produktion von Waren und Dienstleistungen besser vergütet wird als die Reproduktion und der Erhalt der Arbeitskraft, da lohnt es sich weiterzukämpfen. Der Mann will aber seine Wurst haben und ein ordentliches Stück Fleisch. Als hinge davon sein Lebensglück ab und wäre die persönliche Freiheit beschnitten, wie wenn auf der Autobahn nur noch 120 gefahren werden dürfte.  

Die Angst vor der Frau ist groß heutzutage. Es vereinen sich im Kampf gegen das „schwache“ Geschlecht die Konservativen und die Identitären, die völkischen und die nationalen Kräfte. Hauptsache die Grünen mit ihren verqueren Gedanken zur Gestaltung einer Zukunft in der Wirtschaft und Umwelt nicht getrennt voneinander gedacht werden und wo nicht die einen alles haben, während den anderen die Ressourcen langsam auszugehen drohen. Keine Hoffnung mehr haben ist auch kein gutes Gefühl. Zur Gruppe derjenigen zu gehören, die statt eines sicheren Zuhauses nur Angst haben müssen abgeschoben zu werden, ist wenig wünschenswert.

Für diejenige die Haben ist es immer sehr leicht über die anderen, die es weniger gut getroffen haben zu verfügen. Letztendlich müssen sie nur aufpassen, dass sie es nicht zu weit treiben, denn irgendwann rächt sich ein Volk, dem die Handlungsspielräume schwinden. Und damit meine ich nicht diejenigen, die sich über einen Rückgang ihrer Kaufkraft beklagen, während sie den SUV auf dem Aldi Parkplatz mit Lebensmitteln vollstopfen oder beobachtet haben, dass das Leben auf Mallorca inzwischen auch teurer geworden ist. Steuerliche Entlastung braucht kein Mensch, der über ein Prokopf-Einkommen von über €50.000,- pro Jahr verfügt. Für die Wirtschaft mag das vielleicht zuträglich sein, weil es den Konsum befördert. Viel wichtiger ist es aber, diejenigen massiv zu besteuern, die Eigentum haben, die Erbschaften übertragen bekommen, die ohne eigene Leistung erbracht zu haben von Kapitalerträgen leben können und die Gewinne verzeichnet haben. Wer hat, der sollte einen Beitrag erbringen, denn wir wollen leben, in Frieden und in Wohlstand mit einer weiterhin wachsenden Anzahl von Menschen, die teilhaben wollen und sich nicht zurückweisen lassen.

Wir haben vor allem eins: Viel Wissen angereichert in den vergangenen Jahren und über unsere technischen Möglichkeiten gerade auch hinsichtlich der künstlichen Intelligenz, über die derzeit so viel gesprochen wird, die Daten auszuwerten und sinnvoll anzuordnen. Ich habe den Eindruck, dass Elon Musk da etwas übersehen hat und sich im Gespann mit Trump einfach irrt. Sie glauben zu sehr an Macht und haben zu viel davon. Sie werden ihren Beitrag dazu leisten, die Entwicklung der Menschlichkeit, um ein paar Jahre zurückzuwerfen. Und so hatte ich einen Gedanken, dem bin ich nachgegangen und dabei hat sich so einiges entsponnen.