Lebst du in Köln?

Ich wohne in Bonn. In Bonn am Rhein. Die G20 sind seit gestern zu Gast und tagen im internationalen Konferenzcentre. Die Polizei passt gut auf, damit nichts Unangenehmes passiert. Die Stimmung in der Stadt mag hier und da etwas angespannt sein. Vor dem Mediamarkt wird laut und erregt argumentiert. Worum es genau geht ist nicht zu sagen. Die Polizei schreitet nicht ein.

Und du wohnst in Köln. Du feierst Geburtstag am Wochenende. Du feierst den Geburtstag deiner Tochter. Es ist die tollste Tochter, die du dir wünschen kannst. Aber du hast Arbeit damit. Du musst waschen und Kuchen backen, die Treppe 1000 mal rauf und runter rennen und die Party schmeissen. Und wenn dann alles zuende ist wirst du glücklich sein.

Wir werden auch Geburtstag feiern. Sammy ist 14 geworden. Gestern. Wir haben Raclette gegessen und mit Nachbarn zusammen gesessen. Natürlich war es wieder kein klassisches Raclette sondern ein Raclette 3.0, mit Cherry-Tomaten und Mais, verschiedenen Käsesorten und Hähnchenfillets zum auf den Grill legen, mit Zucchini und Zwiebelchen, allen Sorten Dips und knusprigem Baguette. Für Morgen hat Sammy dann seine Freunde eingeladen. Was genau sie machen wollen, weiß er noch nicht. Nicht alle wollen Fußball spielen. Nicht alle können sich für eine Spray-Aktion begeistern. In der Rheinaue wird es zu kalt sein, aber ins Kino gehen wollen sie auch nicht. Lieber schauen sie abends gemeinsam einen Film im Gemeinschaftsraum. Mit dem Beamer auf die große Leinwand projiziert und auf Matratzen chillen. Eine Sleepover-Party. Das ist das entscheidende Ereignis.

Ich wohne in Bonn und Nina wohnt in Köln. Wir sehen uns eigentlich nie. Darum schreiben wir uns. Und wir erzählen einander von unserem Alltag. Ob wir ehrlich sind zueinander oder ob wir uns stets wieder neu erfinden, jeden Tag, dass ist schwer zu sagen. Dass sie Mutter ist und ich Vater, das ist unbestritten. Dass wir Familien haben ist ganz eindeutig. Und wir haben gemeinsame Freunde. Zum Beispiel Andy Warhol und David Hockney. Weniger gute Erfahrungen haben wir mit Harald Welzer gemacht. Tom Waits ist eine gemeinsame Erinnerung, Jürgen Becker eine neue Entdeckung und Wilhelm Reich ein aktuelles Untersuchungsobjekt.

Das braucht uns aber nicht daran zu hindern, dass wir Geld verdienen müssen um davon zu leben. Er bekommt monatlich einen fest vereinbarten Betrag auf sein Konto überwiesen. Sie muss immer wieder neu gefallen und die Auftraggeber mit ihrer Leistung überzeugen. Wir leben gut. Wir haben Wohnungen und wir haben Familien. Wir haben Freundinnen und Freunde und Nachbarinnen und Nachbarn, die uns bisweilen auch ganz schön auf die Nerven gehen können. Ein ganz normales Leben.

Nina wohnt in Köln und ich wohne in Bonn. Sollten wir mal zusammen kommen? Oder sollten wir bleiben wo wir sind und es beim Schreiben belassen?

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