Wer in emotionalen Krisen steckt, der hat Traumata aus früheren Leben und Seelenwanderungen noch nicht aufgearbeitet, behautet Clemens Kuby. Im Umbruch befindet sich die Welt. Der Horror spielt sich praktisch auf dem Mittelmeer ab. Und Brüssel versucht die Vorwürfe zu entkräften, die Gefangenen in Libyens Lagern sich selbst zu überlassen. Wenn die Notre-Dame nach mir benannt wäre, dann würde ich meine Millionen gerne komplett versteuern. Und die 29 deutschen Touristen auf Madeira, die aus ihrem Urlaub nie wieder zurückkehren, veranlassten Heiko Maas seine Ministergeschäfte zu unterbrechen und der Insel einen Besuch abzustatten. Schauinsland-Reisen, Trendtours Touristik – und Greta Thunberg eben noch beim Papst zur Audienz. Katharina Barley winkt uns beim Vorbeifahren aus ihrem Karman Ghia zu und lässt für €1,7 Mio in Schweich eine Liftanlage am Bahnhof erstellen. Die Konjunktur im Westen kühlt ab. Der Osten ist im Vormarsch. Wenn unter 40 Jahren jung und über 40 Jahr alt ist und der Durchschnitt der Bevölkerung Europas 43 Jahre, dann ist das europäische Parlament von Alten besetzt. Im Durchschnitt 54 Jahre. Statt moralischem Appell, das Verhalten zu ändern, sollten die Verhältnisse geändert werden. Aber: Das Eine hängt doch unmittelbar zusammen mit dem Anderen und wer soll die Verhältnisse denn ändern, wenn er oder sie nicht selbst davon überzeugt ist, dass ein anderes Handeln erforderlich wäre? Bsp.: Weniger Auto fahren, Geschwindigkeit begrenzen, Anzahl von Flugreisen limitieren oder etwa das Warenangebot beschränken und Standards ändern. Ran an die Regeln. Ran an den Rahmen. Mit demokratischen Mitteln. Das heißt aus Überzeugung und mit Mehrheiten. Nicht mit Macht und Gewalt sondern mit Lust und Liebe.
Wahlen stehen an. Europa gelebt oder wieder zurück gefallen in nationale und chauvinistische Identitäten? Reformen rücken auf und erscheinen auf der Tagesordnung. Diskussionen um das Recht auf Wohnen und soziale Teilhabe werden salonfähig. Was die Menschheit historisch immer wieder zurückwirft sind Religionsfanatismus und Nationalismus. Davon müssen wir uns verabschieden. Sogar der umstrittene Historiker Michael Wolfsohn sagt Nationalstaaten wären eine Totgeburt, denn sie gingen von der Fiktion aus, dass es eine Deckungsgleichheit zwischen der Demographie (sprich völkische Identität) und Geografie (sprich politische Grenzen) gäbe. Diese Deckungsgleichheit zwischen Demografie/Bevölkerung und Geografie/Staatsgrenze bestehe nicht und so zerfallen die meisten Staaten intern, also von der Binnenstruktur her, oder es gibt zwischenstaatliche Auseinandersetzungen. Veränderung ist die Antwort und Wachstum das Pendant zum Verfall. Vielfalt in einem Europa der Regionen ist eine positive Version der Zukunft und steht im Kontrast zu den trüben Ressentiments der Bewahrer von kultureller Identität und der selbstgefälligen Rhetorik konservativer Kreise, die sich in Parteien wie der AFD zusammenschließen oder als Besitzstandswahrer die Grenzen bereit sind notfalls mit Gewalt oder unterlassener Hilfeleistung zu sichern. Das Europa der Zukunft braucht junge Leute und wird wachsen mit den Zugezogenen. Wir sollten Platz schaffen und darüber nachdenken, wie wir unser Zusammenleben organisieren anstatt Mauern zu bauen und uns über das Unbehagen im Kapitalismus zu empören. Zu viel Aufruhr und Echo in den digitalen Netzwerken um die knapp elf Prozent Community der Rechten.
Reflexhaftes Wutgeheul bei FDP, CSU und Springerpresse wenn es um Entmachtung und Enteignung geht. Die katholischen Frauen versammeln sich bis auf Weiteres vor den Gotteshäusern bis dass sich die Patriarchen endlich rühren. Verteilung des Wohlstandes war schon immer eine Aufgabe der Politik. Sie sollte sich dieser Verantwortung nicht entziehen. Die Massnahmen differieren, je nach Partei und persönlicher Doktrin, vorherrschender Meinung und wissenschaftlicher Wahrheit. Aber Eingriffe in die Konsumentenautonomie werden erforderlich sein, wenn immer weniger Begüterte der Auffassung sind der Staat hätte ausschließlich dafür zu sorgen, ihre Macht und ihr Eigentum zu schützen. Die große Transformation gelingt nur wenn wir alle Beteiligten an die Verhandlungstische und in die Dialogrunden lassen, bis hin zu #VoiceforthePlanet, Fridays4Future, Techlash und welch schönen Namen sonst noch kursieren. Bald wird es einer Sondergenehmigung bedürfen, um mit dem eigenen Fahrzeug in die Innenstädte fahren zu dürfen. Wie anders sollten wir sonst dem Verkehrskollaps begegnen. Da hilft doch das Schreien nicht. Lösungen müssen verhandelt werden. Digitalisierung hin und Windkraft her – unser wachsender Bedarf wird auch mit den neuesten Technologien nicht zu befriedigen sein – es sei denn wir stimmen mit ein in die poetischen Fiktionen eines Udo Lindenberg, der da sang „immer lustig und vergnügt, bis der Arsch im Sarge liegt“. Nach-uns-no-Future ist auch eine Bewegung, der wir uns anschließen können. Es danken uns die folgenden Generationen.
Quantifizieren, analysieren, klassifizieren, manipulieren – so lautet der Vierschritt des Datenkapitalismus. Was haben wir Amazon, Google, Facebook und Apple denn noch entgegen zu setzen? Haben wir den Verstand und die Kraft es mit Alibaba, Netflix, YouTube und WeChat aufzunehmen oder wird uns diese infrastrukturelle Gewalt zermürben. Die Maschine wählt aus, was das Kind ansehen kann und prägt mit großer Wahrscheinlichkeit dauerhaft sein Weltbild. Das ist der Horror, der sich in China und in anderen autoritären Regimen tagtäglich abspielt. Wollen wir diesen Erfolgskonzepten folgen oder uns auf ein anderes Narrativ besinnen? Was wäre, wenn die digitale Infrastruktur sich in der öffentlichen Hand und nicht in privatem Besitz befände? Können wir für demokratische Kontrolle sorgen oder haben wir den Kampf schon verloren? New York hat sich gegen Amazon entschieden und damit auch gegen versprochene 25.000 neue Arbeitsplätze. „Wenn wir zusammenkommen und gemeinsam kämpfen, können wir eine Stadt schaffen, die für uns da ist und nicht für Milliardäre wie Bezos“ hieß es in den New Yorker Communities for Change. Wem gehört die Stadt? Wem der öffentliche Raum und warum arbeitet Amazon zusammen mit den Abschiebebehörden? Weil die Gesichtserkennungstechnologie ein Produkt der Programmierer und der Scrum-Gemeinde ist.
Mit Verweis auf den Standortwettkampf treiben die Befürworter der digitalen Technologien die Entwicklungen voran. Relativ unkritisch wird mitgemacht, was technisch möglich erscheint. Als hinge unser Wohlstand von der Künstlichen Intelligenz ab. Überschätzen wir nicht ihre Potentiale? Und unterschätzen wir nicht die Gefahren. Hier kommt dann wieder der Verweis auf alle Bedenkenträger, die es in der Geschichte immer gegeben hat – vor allem die Eisenbahn scheint auf den größten Widerstand gestoßen zu sein. Wir bringen diese Diskussion noch nicht allzuoft in den Zusammenhang mit einer aktuelleren Problematik: Die industrielle Landwirtschaft mit ihrem leichtfertigen Gebrauch von Pestiziden und Düngern, Antibiotika und Herbiziden. Heute, wo der Artenschwund und der Klimawandel nicht mehr bestritten werden kann, da erinnern wir uns langsam an die Bedenkenträger von vor 100 und sogar mehr Jahren, als diese Entwicklungen ihren Lauf nahmen. Kommt das Gutachten des WBGU zur digitalen Nachhaltigkeit zur rechten Zeit: Vom radikalen Strukturwandel in der Wirtschaft mit Folgen für die Arbeitsplätze über den Ersatz realweltlicher Erfahrungen in virtuellen Räumen und die vielfältigen Wirkungen von KI auf Bildung, Wissenschaft, Demokratie bis hin zu Überwachungstechnologie und Social Scoring. Florian Butollo von der Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenz“ des Bundestages plädiert für eine „Entschleunigung der Modernisierung. Die Liebe und die Lust sind noch nicht auf dem Programm der Maschinen und Samantha bleibt Fixion. Wir müssen Widerstand leisten gegen alles, was unsere Kontrolle über unser Arbeitsumfeld, unsere rationale Entscheidungsfreiheit als solche einschränkt, und zwar nicht aus Technophobie, sondern im Streben nach besseren Maschinen, nach besseren, transparenteren Algorythmen, ohne Kontrolle zu verlieren.
Fast eine Milliarde Euro wurden binnen weniger Tage als Spenden zugesagt für den Wiederaufbau bzw. die Raparturen an der Kathedrale Notre-Dame in Paris. In nur 6 Jahren sollen die Arbeiten abgeschlossen werden. Wievielen Menschen könnte damit ein Auskommen gewährleistet werden? Verteilt auf 40.000 Menschen wären das €25.000 pro Person. Verteilt auf 5 Jahre wären das €1.000 für 16.600 Menschen. Wir reden über Flüchtlinge und was uns diese kosten? Wir reden über Einschnitte und Wohlstand, über Arbeitsplätze, Sozialsicherungssysteme und Konkurrenz? Wer redet darüber? Das Volk? Oder sind es die, die ihr Geld lieber in eine Notre-Dame investieren als in Menschen in Not? Mein Unbehagen!