Zwischenbericht

Bevor wir nun in die nächste Phase gehen, hat ein Zwischenbericht zu erfolgen. Abschließend äußern können wir uns noch nicht. Der Anfang liegt aber doch schon wieder so lange zurück, dass es Zeit für eine Standortbestimmung scheint. Denn schließlich liegen ein Umzug und ein Sturmtief hinter uns und die ersten Nachtzüge bei Elias Bohun gehen online. Da mögen die Anzahl der Dienstautos um 22 Prozent gestiegen sein und bei den unter 30-jährigen Angestellten sogar um 48 Prozent. Trotzdem behindern die E-Roller die Fußgänger*in, nicht nur wenn Sie auf dem Bürgersteig liegen, sondern auch, wenn sie fein säuberlich geparkt in Reihe stehen. Mit Rollstuhl ist daran kein Vorbeikommen. Inklusion findet wohl bei der Mobilität zuletzt statt. Mehr Sicherheit für Fahrradfahrer*innen musste jetzt beschlossen werden, Warnsysteme für Frachtautos, aber 130km auf der Autobahn noch immer ein Angriff auf die Freiheit der Liberalen, der Dienstreisenden und der Pendler*innen. Dafür ziehen große private und öffentliche Banken, Versicherer und Vermögensverwalter ihr Geld zumindest aus den schmutzigsten Formen fossiler Energiegewinnung ab. Goldman und Sachs will keine Ölbohrungen in der Arktis mehr finanzieren. Larry Fink meint: „Das Bewusstsein ändert sich rasant, und ich bin überzeugt, dass wir vor einer fundamentalen Umgestaltung der Finanzwelt stehen“.

Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo will jede einzelne Straße zugunsten von Fußgängern und Fahrradfahrern umgestalten lassen. In vielen Wohnstraßen ist kein Platz mehr für Autos vorgesehen. 72 Prozent der öffentlichen Parkplätze sollen einfach verschwinden. In der Mitte der Wohnstraßen bleibt die Mix-Zone für alle Verkehrsteilnehmenden erhalten. Das Überholen von Kraftfahrzeugen ist dann schlichtweg nicht mehr vorgesehen. Wer mit dem Auto fährt, wird hinter einem Dreirad herfahren müssen. Der Rest der Fahrbahn und die Parkplätze werden in Grün- und Erholungszonen umgewandelt. So einfach geht das mit der großen Transformation. Widerstand ist zwecklos, wenn gewählte Repräsentantinnen mit entsprechenden Befugnissen ausgestattet sind. zwischenbericht 2

Das Kyoto-Protokoll ist heute, am 16.2.2020, also genau vor 15 Jahren, in Kraft getreten. In genau 15 Jahren wiederum wird mein Sohn seinen zweiunddreissigsten Geburtstag feiern. Im Smart-home nehme ich an. In der Smart-city und überhaupt voll clever. Das Paar will eine Charityorganisation gründen mit einem Fokus auf Umweltthemen und weibliches Empowerment. Dazu braucht heute keiner queer zu sein. Ich glaube nicht, dass sich die Menschen dafür interessieren, dass ich postgender bin. Das ist einfach normal und sagt viel über die heutige Toleranz und die Lebendigkeit der LGBTIQ+-Szene. Wir sind eine ziemlich reife Gesellschaft in dem Sinn, dass die Menschen ihre unterschiedlichen sexuellen Orientierungen, Identitäten und was auch immer respektieren. Die Babyboomer sind nicht schuld an der Erderhitzung, sondern sie hatten in einer anderen Welt andere Prioritäten. Ob sie mit dem Bulli zur Demo kutschierten oder Neue Ernte rauchten: Sie waren fossil unterwegs und wehrten sich gegen das Atom. Wir dagegen heute sind erneuerbar. Polyamouroes leisten wir uns mehrere Ankerplätze, Federbetten, doppelte Haushaltsführung und Kinderzimmer. Die Liebe rotiert und Peter Trawny schreibt Greta Thunberg „weiß‘ deshalb so viel vom Zustand der Erde, weil sie dieser in ihrem Geschlecht näher ist, als es jeder junge oder gar ältere Mann je sein könnte“. Das ist eine Frage der Realitäten und Wahrheiten, die nebeneinander existieren. Gesellschaften sind heute weniger normierend als das früher der Fall war. Die daraus resultierenden Freiheiten erfordern ein hohes Maß an Eigenverantwortung und damit an Kompetenz, dem eigenen Leben Struktur zu geben.

Machen wir es einfach: Immer mehr CO2, immer öfter Hitzetage, immer mehr Klimakonferenzen. Kein Fleisch mehr essen, CO2 im Boden speichern, Bäume pflanzen, CO2 nicht weiter subventionieren, auf Fliegen verzichten, Wind und Sonne nutzen. Frauen und ihre Rechte weiter stärken: Denn Frauen, die oft einen großen Teil der Familienarbeit machen, planen sorgfältiger, zahlen Kredite besser zurück, verteilen Einkommen gerechter und sorgen mehr für nachhaltige und soziale Investitionen als Männer. Darum gilt die Geschlechtergerechtigkeit unter den UN-Entwicklungszielen zur Nachhaltigkeit als zentral. Doch noch immer besetzen in den meisten UN-Gremien und den Delegationen der Länder Frauen deutlich weniger als die Hälfte der Plätze. Zwischenbericht: Ernsthafte Klimapolitik ist die beste Verteidigung der liberalen Demoktratie – das soll der Leitsatz der kommenden 20er Jahre sein. Aber woher kommen die Mehrheiten? In Gesellschaft der Grünen ist das Klima auch nur eine politische Doktrin, der alten Besserwisser einer Mainstreamgesellschaft, mit mahnenden Stimmen aus der linken Ecke, aber in der Minderheit. Mehrheiten gewinnt man für Pillepalle aber nicht für Klimapolitik auf der Höhe der Problemlage, meint Peter Unfried. Den Kapitalismus abschaffen, radikalen Verzicht ausrufen und so weiter, kann theoretisch gut begründet werden, ist aber nicht mehrheitsfähig und auch nicht praktikabel erklärt Felix Ekardt.

Derweil das Niveau des öffentlichen politischen Gesprächs der Problemlage nicht angemessen gerecht wird und noch weitgehend im 20. Jahrhundert und in der nationalstaatlichlichen Orientierung verharrt . Die Ablehnung der EU und des Maastrichter Vertrages als neoliberales Monster und das späte Engagement für die europäische Idee sollten Geschichte sein. Ein Kemmerich, der sich von der AfD zum Ministerpräsidenten wählen lässt und als kürzester Minister im Amt in die Geschichte eingehen darf wird nicht lange stolz-freudig geschmunzelt haben und demnächst vielleicht doch besser hinhören, wenn ihm 16-jährige Gören ein bisschen was von der Welt des 21. Jahrhunderts bereit sind zu erklären. Mag er gegen Windräder kämpfen und in Equidistanz zu den Grünen gehen. Kemmerich kommt zu spät und muss dafür ein bisschen früher gehen. Wenn seit dem Ende des 20. Jahrhunderts gilt, dass es ein Klima zu schützen gibt, dann lässt sich heute behaupten, dass mit dem Vertrag über die Beschränkung des Ausstoßes von Klimagasen bislang noch kein großer Erfolg einhergegangen ist. Allerdings, auch wenn die jährliche Menge an CO2-Emissionen steigt, geschieht dies in den vergangenen rund sieben Jahren doch tatsächlich in einem deutlich geringeren Maße.  Weil die Politik es nicht schafft haben wir uns dazu jetzt einen Plan vorlegen lassen. German Zero hat einen 1,5-Grad-Klimaplan für Deutschland. Bis 2035 wird das Land klimaneutral. Den Gebäudesektor allerdings in den kommenden 15 Jahren schon komplett klimaneutral zu bekommen, ist wohl kaum realistisch. Christoph Bals bleibt hoffend. Innovativer Impuls. Spannendes Konzept. Wir entscheiden uns für Kooperationen. Was fehlt, ist der politische Wille.

Nachhaltige Produkte, Dienstleistungen, Technologien, Geschäftsmodelle und Konzepte fristen in unserer Gesellschaft größtenteils ein Nischendasein. Sie sind weit davon entfernt, Standard zu sein. Wollen wir für unsere Kinder und Enkel eine lebenswerte Erde erhalten, muss sich das ändern – und zwar schnell. Michael Lülf und sein Team von der Autarkia GmbH  laden ein zur Green World Tour. Klimaschutz in Europa witzlos? Solange Importe von Chemieprodukten, von Stahl und von Zement nicht gestoppt werden? Solange Plastik um die Welt verfrachtet wird und Weichmacher und Farbstoffe hinzugesetzt werden. Wer den Klimakollaps verhindern will, der muss an den harten Kern der Industrie ran. Ernsthafte Klimapolitik ist die beste Verteidigung der liberalen Demokratie. Ein Aufbegehren gegen die Multis. Eine Frage der gesellschaftlichen und politischen Mehrheiten und nicht der Macht des Geldes. Selbst ein Scott Morrison ließ sich irgendwann doch überzeugen, dass die Brände in Australien etwas mit der globalen Erwärmung zu tun haben dürften. Die Buschfeuer sind schon wieder etwas in Vergessenheit geraten in der deutschen Presse. Doch auch hier steht ein weiterer Sommer bevor. Es muss ja nicht gleich zu Extremwettereireignissen kommen wie im Jahr 1540 von dem Christian Pfister der Meinung ist, es würde auch heute dazu führen, dass erst das Wasser versiegen, dann der Strom ausfallen würde.

Der Jahresanfang liegt schon wieder über einen Monat in der Vergangenheit und Karneval kurz bevor. Das vietnamesische Neujahr hat erst kürzlich stattgefunden. In China legt ein Virus die Wirtschaft lahm und statt Journalist*innen bei der Recherche zu behindern wird ein Ausgangsverbot verhängt. Informationen gelangen nur mühsam an die Oberfläche. Doch erfahren wir, dass die Zahl der Infizierten wächst. Über 70.000 Ansteckungen hat es inzwischen gegeben. An Flucht ist nicht zu denken. In Lesbos dagegen wächst die Ungeduld gegenüber den selbstgefälligen Festlandeuropäer*innen. Die Wut ist berechtigt. Sie richtet sich nicht gegen die Migrant*innen. Sie richtet sich gegen die Pläne der EU. Wir werden in dem anstehenden Jahr dazu noch einiges zu hören bekommen.

 

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