Liebe Nina, es wird Zeit. Wie geplant. Und dann ist der Zug abgefahren. Wenn du zu spät kommst. Darauf kannst du dich verlassen. Also, sei da. Dada ist immer. Vorerst. Was danach kommt zeigt sich sicher. Danach. Rechtzeitig. Fragst du dich nie, warum du eigentlich bist? Wie du bist. Wie es kommt? Das du kommst? Und dann wieder gehst. Haltestellen. Du stehst. Du wartest und denkst vielleicht. Kurz denkst du nach. Nicht in Reaktion auf. Sondern ohne Anlass. Einfach weil du bist. Wie du bist. Ein Haufen Zellen zusammengeballt. Vor allem Wasser. Aber auch Geist und wovon wir es ja immer so gerne auch haben wollen, von Seele. So beseelt wie wir sind. So selig. Und das sind wir? Nur wir. Du und ich. Der Homo sapiens. Der Homo oeconomicus. Nicht die Aspidoproxus maximus und nicht die Apodemus sylvaticus, nicht der Argentinosaurus huinculensis und nicht das Gallus gallus domesticus. Nur wir sind es wert nicht einfach geschlachtet und verdrängt, gegessen und geschluckt zu werden, ob durch Staubsauger, schwarze Löcher oder Schlund.„In der Wanne sind Ameisen, … , und da ich sie nicht ertränken mag, fange ich sie mit dem Schwamm und setze sie auf den Boden. Es ist sehr schwierig, eine Ameise mit den Fingern aufzuheben, ohne sie zu zerquetschen.“ (Han Suyin, Alle Herrlichkeit auf Erden)
Wieso grün? Moral-isch. Rot. Blau. Karneval. Ist doch immer noch. Feiert weiter. Da machen sie sich an. Grabschen einander ab. Ziehen sich kurze Röckchen und Strapse an, schreien schrill und quieken geil. Und wenn was nicht so ist, wie man es sich vorgestellt hat, dann waren es die Nafri. Kultur gut. Hoch Kultur. Staubsauger und weg. Herr-lich. Wenn es einen Gott gibt, dann doch nur einen für alles. Für Glühwürmchen und Trauerweide, Karnivoren und Karnevalisten, Veganisten und Nationalsozialisten. Die Frage ist nur, wo stehst du? Gott wird nicht gewählt. Die ist einfach da. Mit einer Heerschar von Untergöttern und Engelchen, Feen und Kobolden. Du kannst sie dir aussuchen, aber gewählt wird nicht. Nix Demokratie. Glaube. Richtig oder Falsch. Herrschaft oder Freiheit. Neid und Unterdrückung. Massentierhaltung. Ich esse mich glücklich. Sage ja. Zahle fair. Und du? Grün? So grün bist du doch nicht. „Wenige Menschen verfügen über die nötigen Kräfte, um wirklich das zu wählen, was man Freiheit nennt, ein Wort übrigens, das man in Asien, wo der Hunger absolut, die Freiheit aber immer recht relativ ist, nur schwer versteht.“ (Han Suyin, Alle Herrlichkeit auf Erden).
Du musst mir übrigens mal dein neues Auto vorführen. Ich gehe doch nicht davon aus, dass du jedesmal mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Bonn kommst. Du bist doch sicher selbständig unterwegs und machst dich nicht von Fahrplänen abhängig. Hast du ein schönes Auto? Ein geräumiges Auto? Hast du Park Platz? Stehst du oft in Schlange oder navigiert dich die Stimme von Bruce Willis sicher d’rum herum? Ich mag Autos. Mochte sie schon immer. Würde gerne heute auf eine Spritztour an den Bodensee und einen Freund besuchen. Werde aber meinen Wagen in den nächsten Tagen zum Schrotthändler fahren müssen, weil der TÜV abgelaufen ist. Viele tausend Kilometer ist der Wagen (grün) jetzt zuverlässig gelaufen. Nun steige ich auf Bus und Bahn um. Nicht schlimm. Wir car-sharen. Aber mein Lieblingsauto ist dann nicht mehr im Pool. Und du? Welche Farbe hat die Kutsche und wer darf damit alles fahren? Macht es dir etwas aus, wenn der Wagen von Chips vollgekrümelt ist und die Kinder wieder das Bonbonpapier und die Hanutapackung auf den Boden haben fallen lassen? Hat doch Stil. Ist echt Stil. Zumindest vertritt Alexander von Schönburg diese Ansicht in seinem netten kleinen Büchlein „Die Kunst des stilvollen Verarmens“ und schließt das Kapitel Alptraum Auto mit dem Satz „Am Ende der Wohlstandsgesellschaft, zu dem das Automobil so viel beigetragen hat, wird es zum Glück wieder zu dem, was es in seinen Anfangsjahren war: ein törichter Luxus“.
Also warum Grün und warum Auto? Die Partei ruft mich an und fordert mich auf, bei der Wahl zu helfen. Ich brauche ein Gesicht. Ich brauche Selfies. Ich brauche ein Image und eine Selfie Stange, ein Handstativ, Bluetooth und Selbstauslöser bzw. Fernbedienung, damit ich mich in Szene setzen kann. Oder ich suche mir eine Partnerin und mache Fotoshooting. Verstehst du? Ich brauche dich für ein Foto-shooting. Wir machen Fotos voneinander, authentisch. Wer wenn nicht du würde wissen, wie ich am besten portraitiert werden könnte und wenn du willst, dann übernehme ich es gerne, mal von dir ein paar Portraits zu machen. Mit Kölner Dom, Buchladen, Schreibtisch, Hängematte, Kanga, Hut. Was immer wirkt und erlaubt ist auf Facebook. Retuschieren wo es nötig ist, maskieren wie es üblich ist und schießen wenn erforderlich. Ablenkung tut gut. Vielleicht findet sich ein Tag und wir machen einen Plan. Wo fahren wir heute hin?
Ja, hast du Recht. Ich habe vier Räder und damit fahre ich durch die Gegend, beruflich wie privat. Bin eine pragmatische, keine passionierte, Autofahrerin.
7000 KM
Auto = -Gebrauchsgegenstand ≠ Mülltonne.
Farbe Toffifee
Parkplatz ja.
Wer fährt mit? Wesen mit zwei Beinen, Einkaufstüten, Leergut, Blumen und Kerzen.
Marke aus der Übersee, fokussiert auf vier Buchstaben. So eine Karre haben wir auch vorher gehabt. Aufgrund dessen, als es mir mit östlichen bzw. fernöstlichen Varianten immer bunter wurde, habe ich mich für den guten alten Bekannten entschieden. Das Angebot war unschlagbar. Auch wenn ich mit Schweden irgendwann mal geflirtet habe.
Für die Marke habe ich auch öfter gearbeitet.
Ich fahre und höre laute Musik. Das Auto piepst wenn ein Gegenstand zu nah ist. Bei mir spricht eher Meryl Streep, oder ist es Pamela Anderson Lee? Es kann auf jeden Fall mehr als ich glaube. Einige Möglichkeiten schöpfe ich aus. Andere lasse ich für die Zukunft oder vergesse einfach, dass sie da sind. Ich höre laute Musik und fahre. Fahre schnell, wenn ich gen Süden fahre. Das macht Spaß.
Am liebsten hätte ich mit Automatik. Unkompliziert. Würde aber heißen, noch länger darauf warten. Ich wollte nicht mehr warten. Ich hatte schon lange gewartet, fuhr zwischendurch einen kleinen Franzosen vom Schwager. Nicht mein Ding. Zu klein, zu einfach.
Eigentlich so einen ähnlichen Wagen hat mein Onkel A1 in meiner Jugend gehabt. Belina. Er hatte vier Kinder, die passten irgendwie da rein. Es war die Zeit ohne Gurt, ohne limitierte Sitzplätze für die Passagiere. Ohne Klimaanlage. Ohne dunklen Scheiben. Heute fahren zwei von meinen Cousins SUV, der dritte fährt einen kleinen Pick Up und die Tochter, weiß ich nicht. Mein Vater war für Opala und später Caravan. Deutsche Autos waren für ihn zu klein. Ehefrau fuhr aber früher Käfer und später Brasília und Gol. Brasília versteht sich mit Ethanol. Morgens das Auto laufen lassen und währenddessen ein Espresso trinken, sonst würgt das Motor ab.
Onkel A2 hatte 5 Kinder und fuhr VW Bus. Genau so heiß wie beim Käfer. Man kann kein Fenster aufmachen. Das ist die Hölle, für die, die in der zweiten bzw. dritten Reihe sitzen.
Caravan war der Wagen damals. Großräumig, komfortabel. Schön. Wir hatten in den Varianten: hellblau, orange, metallic beige. Als ich den Führerschein gemacht habe, fuhr ich gern mit dem Caravan, der imponiert, schluckte, fast wie Deep Throat, jede Menge Benzin. Wir fuhren zum Strand. Auch laute Musik gehört –Alan Parsons oder so was. War schön.
Ich fahre hin wo es mich gerade hinzieht. Ausstellung in Frankfurt? Udenbreth? Märchenwald? Bestehe aber nicht darauf, immer selber zu fahren.
Dafür ist das Auto da – um gefahren zu werden. Oder nicht.
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